
31. Oktober 2024
„B-tween“-Baustelle: Spannende Spuren der Hammer Ur-Bürger
Hamm – In zwei Jahren feiert die Stadt Hamm ihr 800-jähriges Bestehen. Gleich an zwei Innenstadtbaustellen untersuchen Archäologen den Untergrund und schauen damit tief in die Stadtgeschichte. Nach Mauerfunden am Westentor sind auch auf der Baustelle für das „B-tween“ zwischen Ritterstraße und Westenwall Zeugnisse vom Leben in längst vergangenen Zeiten aufgetaucht. Diese dürften nach erster Einschätzung teils deutlich älter als 800 Jahre sein.
Die Hammer Bürger des Mittelalters und der Frühen Neuzeit werden in ihren Hinterhöfen innerhalb der historischen Stadtbefestigung Vieh gehalten und wahrscheinlich kleine Bauerngärten bewirtschaftet haben. Gewohnt wurde zur Ritterstraße hin. Die Stadtmauer befand sich einen sprichwörtlichen Steinwurf entfernt, in etwa unter dem heutigen Gehweg vor dem Allee-Center. Ein historisches Innenstadtszenario, das Zeichen und Fundstücke durchaus erwarten lässt.
Laien rätseln, Fachleute sind begeistert
Unter fachlicher Überwachung der LWL-Archäologie untersuchen Mitarbeiter der EggensteinExca GmbH (Dortmund) während des Baubetriebs das sehr heterogene Gelände und begeben sich auf die Spuren der „Ur-Bürger“. Für den Laien sind diese zweifellos kaum erkennbar, für die Archäologen um Grabungsleiter Frederik Heinze sprechen sie eine klarere Sprache. Zum Beispiel die teils größeren dunklen Verfärbungen, die auf dem großflächigen hellen gewachsenen Sandboden erkennbar sind. Die dunklen Stellen sind sogenannte Siedlungsgruben. Hier wurde einmal der natürliche helle Boden – zu unbekannten Zwecken – entnommen und mit anderem Boden wieder verfüllt.
Kleinere runde Flecken von etwa 30 Zentimeter Durchmesser hat Heinze als „Pfostengruben“ identifiziert. Hier seien einmal Holzpfosten ins Erdreich eingelassen gewesen, möglicherweise für Gebäude oder eine Zaunreihe. Die Hölzer seien im Laufe der Zeit entnommen und die Löcher wieder verfüllt worden. „Noch brauchbares Bauholz wurde weiter verwendet“, erklärt Heinze. Von ganzen Gebäuden und ihren Grundrissen fehle bisher aber noch jede Spur. Ebenso von Brunnen, die auch hier zu erwarten wären. Klare Bodenprofile, an denen sich stadtgeschichtliche Phasen oder Ereignisse ablesen ließen, fehlen ebenso.
Bruchstück aus vorchristlicher Zeit
Zu den Fundstücken gehören neben geschmiedeten Nägeln, den obligatorischen Schlachtabfällen, glasierter Irdenwaren (bei niedriger Temperatur gebrannter keramischer Werkstoff) aus dem 17./18. Jahrhundert auch Scherben von mindestens zwei Gefäßen, die Heinze nach erster Schätzung im 13. Jahrhundert verortet. Damit sind einzelne Fundstücke also in zeitlicher Näher zur Stadtgründung angekommen.
Noch viel weiter zurück führt eine einzelne, dunkle, wesentlich grober gemaserte Scherbe: Das unscheinbare Bruchstück hat Heinze nach erster Einschätzung als Keramik aus der Vorgeschichte, also vorchristlicher Zeit identifiziert. „Das ist keine Importware wie zu späteren Zeiten, sondern sie wurde in der Regel vor Ort produziert“, sagt der Archäologe. Wie alt sie genau ist? „Das müssten weiter gehende Analysen zeigen“, sagt Heinze.
Fest steht aber: Auch lange vor der Stadtgründung herrschte am Westenwall schon Betrieb. Nur deutlich weniger als heute.